Dienstleister

Architektin mit Gefühl für Stil

Autor*in: CHRISTIAN F. HIRSCH

Seit mehr als sechs Jahren gibt es in Cloppenburg das Architekturbüro Katharina Aumann. Die gebürtige Cloppenburgerin und ihr Team planen zwar für Investoren aus der gesamten Bundesrepublik Mehrfamilienhäuser und übernehmen auch die Innengestaltung und Gartenplanung. Ihr Herz schlägt aber für das Oldenburger Münsterland und ihre Heimatstadt. Ziel ist, die Bausünden der Vergangenheit in stilvolle Wohn-, Arbeits- und Lebensräume zu verwandeln. Dafür geht sie auch ganz neue Wege: 3-D-Videos und Virtual Reality gehören bei ihr zum Tagesalltag.

Eine Frage des Stils: Teamgeist ist für Katharina Aumann (Mitte) und ihre Mitarbeiterinnen sehr wichtig.   

Katharina Aumann hat viel vor in ihrer Heimatstadt. „Ich möchte einen neuen Stil in Cloppenburg einführen", sagt die 33-jährige Architektin. Dann weist sie auf eine Zeichnung hin, die in ihrem Büro an der Wand hängt. Es zeigt eines ihrer Lieblingsprojekte. Zukünftig soll es Cloppenburgs zentralem Platz in der Fußgängerzone Glanz und ein internationales Flair verleihen. Genau dort, wo sich die Lange Straße und die Mühlestraße – die beiden Einkaufsstraßen der Stadt – treffen, entsteht derzeit ein neues Wohn- und Geschäftshaus. Bis Ende der 70er- Jahre wurde an dieser zentralen Stelle das traditionsreiche Hotel Eckmeyer betrieben.

„Die Fassadengestaltung soll lebhaft und klar sein. Schiefergraue und anthrazitfarbene Klinker und Fenster im Industriedesign der zwanziger Jahre werden sich mit kleinen Balkons abwechseln. Die dahinterliegenden großen Loggien sollen die Fassaden optisch öffnen. Statt Geländer bekommen die Balkone satiniertes Glas", erklärt Katharina Aumann mit einem Funkeln in den Augen. Dann fügt sie noch mit einem Lachen hinzu: „Ein ganz neuer Stil eben." Eine hochengagierte Architektin mit einem Gefühl für Stil.

Lebensträume: In ihren Entwürfe setzt Katharina Aumann Wünsche und Bedürfnisse ihrer Kunden um.   

Und auch jemand, der auf der technischen Höhe der Zeit ist. Virtuelle Realität (VR) und 3-D-Videos gehören bei der jungen Cloppenburgerin längst zum Arbeitsalltag. „Wer es möchte, der bekommt von mir nicht nur den obligatorischen zweidimensionalen Grundriss sowie Schnitt und Ansichten. Er erhält auch ein 3-D-Video. Damit bekommt der Bauherr einen dreidimensionalen Eindruck von seinem zukünftigen Haus, sieht direkt, wie es sich später einmal darin wohnen lässt." Und auch da setzt Katharina Aumann noch eins drauf: „Wer möchte, dem schenke ich eine VR-Brille, in die der Kunde sein Mobiltelefon einklemmen kann. So kann er schon einmal einen virtuellen Rundgang durch sein zukünftiges Haus machen, bevor überhaupt das Fundament gegossen ist." Doch damit nicht genug: „Mir schwebt vor, in der Zukunft einen Showroom mit einem 4-D-Kino einzurichten. Die vierte Dimension wären dann Musik und lebensnahe Geräusche. Das ist dann genau so, als wenn man schon in dem Haus lebt", erklärt Katharina Aumann.

Bereits jetzt gehört Life-Modelling zum Standard der Architektin. Auf einem großen Bildschirm werden dem Kunden Details des zukünftigen Hauses wie verschiedene Fassadenformen eingespielt, aus denen er sofort auswählen kann. „Das bezieht den Bauherren vielmehr in den kreativen Schaffensprozess mit ein, als es früher üblich war." Auch eine App gehört bei ihr zum Service für den Bauherren, mit der überall und jederzeit alle wichtigen Dokumente heruntergeladen werden können. „Keiner braucht mehr schwere Ordner mit Plänen auf der Baustelle mit sich herumschleppen. Auch die Handwerker können direkt vor Ort mit der App arbeiten, haben so Zugang zu allen Informationen in einem Detailgrad, den man sich früher schwer vorstellen konnte. Dadurch werden auch Baufehler vermieden", schwärmt die engagierte und leidenschaftliche Architektin von den Vorteilen der neuen Techniken.

Dabei wollte die Cloppenburgerin ursprünglich erst etwas ganz anderes werden. „Dass ich in der Architektur gelandet bin, ist eigentlich ein dummer Zufall. Ich wollte immer etwas Soziales machen, habe nach der Schule ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Roten Schule in Cloppenburg gemacht, der Kinder- und Jugendfreizeitstätte", erzählt sie. „Danach habe ich noch Praktika in verschiedenen Bereichen absolviert. Auch in einem Architekturbüro. Das hat mir den Spaß an meinem Beruf vermittelt." Es folgte ein Studium der Architektur an der Hochschule in Oldenburg, das sie mit dem Master of Arts abschloss.

„Während des Studiums habe ich für ein Büro in Garrel gearbeitet, das vor allem landwirtschaftliche Gebäude geplant hat", so die überzeugte Südoldenburgerin. „Die Landwirtschaft und die Bearbeitung des Bodens ist eines der existentiellen Hauptstandbeine des Oldenburger Münsterlandes. Das darf man nie vergessen", erklärt die bodenständige Frau, die selber aus einer lang zurückreichenden Cloppenburger Gartenbau-Familie entstammt. Heute kommen fast 80 Prozent ihrer Aufträge aus dem Oldenburger Münsterland. Sie habe zwar auch Projekte in Hamburg, Bremen und an der Ostsee oder sogar im weit entfernten Bamberg, „doch meine Wurzeln sind und bleiben im Oldenburger Münsterland".

Neuer Stil: Eine lebhafte Fassadengestaltung soll Cloppenburg Glanz und ein internationales Flair verleihen.   

Dass sie experimentierfreudig ist, zeigen ihre Projekte. In Garrel hat Katharina Aumann einmal ein Haus im Stil einer römischen Villa geplant und auch selber gebaut. Wie eine villa rustica aus der Römerzeit besitzt es ein begrüntes Atrium, einen ganz vom Haus eingefassten, offenen Innenhof. „Das Haus war übrigens komplett aus Holz. Es gab keinen einzigen Stein in dem Gebäude. Der ökologische Ansatz ist mir bei meiner Arbeit sehr wichtig." Und es hatte noch einen Clou: eine Art Geheimgang. „In der Küche gibt es hohe Einbauschränke. Eine der Schranktüren führt direkt in eine große Speisekammer. Wenn Besuch da ist und der Hausherr etwas aus der Kammer holt, wundern sich die Gäste immer sehr, wohin er verschwunden ist", berichtet die Architektin mit einem verschmitzten Lächeln.

Heute bietet das Architekturbüro Katharina Aumann nicht nur die klassischen Architektenleistungen an. „Ich versuche immer ein Gesamtpaket zu liefern. Dazu gehören auch die Innenarchitektur und die Gartengestaltung. Damit es stilvoll ist, muss alles zum Haus passen. Stil muss stimmig sein", erklärt sie. „Dieser Gesamtservice wird auch sehr viel in Anspruch genommen."

Ihre berufliche Wanderschaft brachte Katharina Aumann nach dem Studium zum Landkreis Cloppenburg. „Ich wollte unbedingt Bauleiterin werden, habe damals sehr viel gelernt, war für alle neun Leistungsphasen zuständig." Beim Landkreis hat sie sich dann um einige der großen Prestigebauten gekümmert – unter anderem um den Neubau der feuerwehrtechnischen Zentrale und um die Sanierung des Clemens-August-Gymnasiums. „Es ist schon toll, wenn man an einem so alten und ehrwürdigen Gebäude arbeiten darf."

Der Job beim Landkreis machte der damaligen Mittzwanzigerin zwar sehr viel Spaß. Doch sie wollte noch einmal etwas Neues ausprobieren, fing an, in Teilzeit zu arbeiten, und machte sich zusätzlich als Architektin selbstständig. Das war 2015. „Damals habe ich Architektur alleine im Homeoffice betrieben, habe vor allem Einfamilienhäuser gestaltet." Von Zuhause muss sie schon lange nicht mehr arbeiten und auch nicht mehr alleine. Vor ein paar Jahren gab sie ihren Job beim Landkreis auf, stellte zwei Mitarbeiterinnen ein, hat den Unternehmenssitz ins Cloppenburger Industriegebiet Emstekerfeld verlagert. „Ich habe mich hauptsächlich auf Investorenarchitektur spezialisiert. Gerade Mehrfamilienhäuser mit bis zu zwanzig Wohnungen machen mir sehr viel Spaß", erklärt die Architektin. „Da kann ich mein Gefühl für stilvolle Architektur richtig ausleben, denn den meisten Investoren ist es heute wichtig, dass ihre Gebäude unverwechselbar sind, sich aber dennoch in die Umgebung einfügen."

Katharina Aumann geht neue Wege: VR-Brillen gehören bei der Cloppenburger Architektin längst zum Arbeitsalltag.   

Ihre Heimatstadt Cloppenburg hat es Katharina Aumann angetan. „Es gibt so manche Bausünde aus alter Zeit in der Stadt. Gottseidank gibt es gerade viele Investoren, die am selben Strang wie ich ziehen. Ziel muss sein, dass wir zusammen Cloppenburg verschönern und lebenswerter machen." Und genau das hatte sie im Kopf, als sie den Auftrag bekam, das Wohn- und Geschäftshaus in Cloppenburgs in der Stadtmitte zu planen. „Der Platz – praktisch die geistige Mitte der Stadt – hat in den vergangenen Jahren seine Attraktivität enorm verloren." Neben dem Bau von 22 neuen Wohnungen werden mit dem Projekt noch zwei weitere städtebauliche Ziele verfolgt: Es soll eine Systemgastronomie Platz finden, die auch abends geöffnet ist. Eine Arkade auf der gesamten Front bietet zur Belebung des städtischen Platzes im Sommer deshalb mit fast 60 Außensitzplätzen viel Raum für die Gäste eines Cafés, das auch etwas von einer Brasserie hat. „Mit dem Bau wollen wir nicht nur den Ort, sondern auch die Gastro-Szene der gesamten Innenstadt aufwerten."

Auch dieses Projekt hat wieder eine Besonderheit: Dieses Mal allerdings keinen Geheimgang, sondern eine öffentliche Passage, die die gute Stube der Stadt vor dem neuen Gebäude mit dem großen Parkplatz hinter dem Haus verbindet, an dem der eindrucksvolle Stadtpark, die grüne Lunge der Stadt, liegt. „Damit entsteht zum ersten Mal eine direkte Verbindung zwischen diesen beiden städtischen Kleinoden. Die Passage soll zum stilvollen Flanieren anregen", erklärt Katharina Aumann, für die Architektur nicht nur ein Beruf, sondern immer auch eine Stilfrage ist.

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