Deutschlandweit gibt es rund 500 Beratungsstellen der EUTB, zwei davon in Cloppenburg und Vechta, die für den jeweiligen Landkreis zuständig sind. Sie agieren ergänzend zu den bestehenden örtlichen Beratungsangeboten von Leistungsträgern und -erbringern. Ein Beispiel ist der Blinden- und Sehbehindertenverband Niedersachsen, der über die Geschäftsstelle in Oldenburg über ehrenamtliche Berater im Oldenburger Münsterland verfügt. In Zusammenarbeit mit der EUTB beraten sie Blinde, Menschen mit Sehbehinderung und/oder mit Augenerkrankungen sowie deren Angehörige.
Erstklassiges Beratungsangebot
Einer von ihnen ist Gerd Steting. Im Januar 2012 bekam er von seinem Augenarzt die Diagnose „Altersbedingte Makula-Degeneration“ (AMD) – eine Krankheit, die zum Absterben der Zellen von der Netzhaut führt. Zu diesem Zeitpunkt hatte der gelernte Krankenpfleger noch 50 Prozent Restsehkraft, innerhalb von fünf Jahren reduzierte sie sich auf zwei Prozent. Er berichtet: „Laut meinem Augenarzt entwickelt nur eine Person von 10.000 diese Krankheit von heute auf morgen.“ Seinen Beruf musste er sofort aufgeben und Arbeitsunfähigkeitsrente beantragen.
Keine leichte Zeit für den damals 60-Jährigen, der aufgrund der Diagnose in ein tiefes Loch fiel. Seine Familie half ihm, da wieder rauszukommen, und meldete ihn bei einer Selbsthilfegruppe in Lastrup an. Dort erhielt Gerd Steting die Unterstützung und Aufklärung, die er benötigte, und fasste neuen Lebensmut. Als er hörte, dass der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband Blindenberater sucht und ausbildet, zögerte er nicht lange und bewarb sich. Der Rest ist Geschichte: Seit 2014 ist er nun zertifizierter Blindenberater im Landkreis Cloppenburg.
Barrierefreiheit ernst nehmen
Die Beratung von Gerd Steting findet aus seinen eigenen vier Wänden in Cappeln statt. Nach einem telefonischen Erstkontakt fährt er bei Bedarf zu den Ratsuchenden oder lädt sie ein. „So ist es leichter Hilfsmittel wie Lupe oder Screenreader vorzustellen oder zu zeigen, wie ein Schwerbehindertenausweis aussieht“, nennt Steting die Vorteile eines persönlichen Beratungsgesprächs. Neben den Hilfsmitteln zählen Themen wie Blindenhilfe, Blindengeld und Barrierefreiheit zu den häufigsten Anliegen, wegen denen er kontaktiert wird.
„Niemand ist allein mit so einer Erkrankung!“
Gerd Steting, Blindenberater
Während für die Beantragung eines Schwerbehindertenausweises oder für eine finanzielle Unterstützung auch die Geschäftsstelle der EUTB in Cloppenburg weiterhelfen kann, werden Klientinnen und Klienten mit speziellen Fragen zu Hilfsmitteln oft an Gerd Steting weitervermittelt. Da er selbst Betroffener ist, kann er bei solchen Themen eine qualitativ hochwertige und individuelle Beratung bieten.
Sensibilisierung der Bevölkerung
„Hauptsache, die Leute wissen, dass da jemand ist, der ihnen weiterhelfen kann. Niemand ist allein mit so einer Erkrankung“, betont Gerd Steting. Seiner Meinung nach sollte auch die restliche Bevölkerung für dieses Thema sensibilisiert und aufgeklärt werden. Besonders ein Thema liegt dem Cappelner am Herzen: „Mich für Barrierefreiheit einsetzen, ist mein Hobby“, verrät er. Gerade beim Straßen- oder Häuserbau werde das häufig nicht beachtet – und dann brächten auch die meisten Hilfsmittel nichts mehr.
„Man kann die Welt nicht verändern, aber durchaus Denkanstöße geben“, beschreibt Gerd Steting seinen Antrieb. Denn genau wie seine Beratung, können diese Denkanstöße dazu beitragen, dass sich die Lebensumstände für blinde oder sehbehinderte Menschen in Zukunft noch weiter verbessern.