Stiftungen für das Gemeinwesen

Sinnstiften im Alltag

Autor*in: Vanessa Afken

Wer Bredemeyers Hof in Goldenstedt ­besucht, erlebt eine ­Reise in die ­Vergangenheit. Nur die saubere Fassade und die ­modern gestalteten ­Dächer verraten, dass eine Menge Arbeit ins ­historische Ensemble investiert wurde. ­Neben einer ­Getreidemühle können ­Besucher ­unter ­anderem auch ein Dampfkraftwerk ­bestaunen. In den 1950er und 60er Jahren ­versorgte es Goldenstedt mit Strom. Der rund 3.000 ­Quadratmeter große Hof wurde inzwischen komplett saniert. Ermöglicht hat das die Anna-und-Heinz-von-Döllen-Stiftung.

BEDEUTSAM Petra Schaumlöffel ist stolz auf das sanierte Dampfkraftwerk von 1881. Es versorgte früher Goldenstedt und Umgebung mit Strom.

Stiftungen verfolgen meist einen ­gemeinnützigen Zweck. Ein entscheidendes Merkmal: die Art der Finanzierung. Der Stifter bringt einen Teil seines Vermögens als Grundkapital ein. Dieses wird gewinnbringend ­angelegt, erwirtschaftete Überschüsse werden entsprechend dem Zweck der Stiftungen ­verwendet. Auch im Oldenburger Münsterland gibt es viele davon.

Die Anna-und-Heinz-von-Döllen-­Stiftung befasst sich in erster Linie mit dem Erhalt von regionalem Kulturgut. Sein Interesse für Heimat­geschichte entwickelte Heinz von Döllen schon im Kindesalter bei Ausflügen zur Arkeburg, die damals noch von Bäumen zugewachsen war. Im Juli 2015 gründeten der Zimmerermeister und ­seine Frau Anna die Stiftung, um dort Nachforschungen und Ausgrabungen durchzuführen. Heute weiß man, dass die Arkeburg die größte ­Doppel-Ringwallanlage in Nordwestdeutschland ist.

Aus dem Interesse für Heimatgeschichte entstand eine eigene Stiftung.

„Mein geschichtliches Interesse an der ­Arkeburg und Bredemeyers Hof ist groß", sagt Petra Schaumlöffel. Sie ist erste Ansprechpartnerin der Stiftung für Führungen und ­frei­willige Helfer. Ehrenamtliche können sich vielfältig betätigen, beispielsweise beim ­Planen und Realisieren von Veranstaltungen. „Wir ­haben schon einiges organisiert: Lesungen, Weihnachtsmärkte und sogar ein Spanferkel­-Essen", erzählt Schaumlöffel stolz. Im Sommer gab es ein Ferienprogramm für Kinder. Neben einer Schatzsuche in der Arkeburg konnten sie auf Bredemeyers Hof Brot backen – ganz so wie früher.

Etwa 20 freiwillige Helfer engagieren sich zurzeit für die Stiftung. Die meisten wohnen in der Region. Gut für kurzfristige Abstimmungen: „Man kennt sich untereinander und kann schnell ­Kontakt aufnehmen, wenn ­etwas ­anliegt", so ­Petra Schaumlöffel. Ein ­aktuelles Projekt, der Bau ­eines Sachsenhauses bei der Arkeburg, steht kurz vor der Fertig­stellung. Es wird mit historischen ­Methoden und Materialien, zum Beispiel Lehm, errichtet. Diesem Tatendrang der Ehrenamtlichen ist es zu ­verdanken, dass ein Teil der regionalen ­Geschichte wortwörtlich wieder ausge­graben wurde. „Ohne die Stiftung hätte sich niemand um den Erhalt der Arkeburg und den ­Bredemeyers Hof gekümmert", ist sich ­P­etra Schaumlöffel sicher.

SIGNIFIKANT Rund 1.000 Vechtaer nahmen am Bürgerbrunch teil, der von der Bürgerstiftung Vechta organisiert wurde.

Einen anderen Ansatz findet man bei der Stiftung „Singen mit Kindern im Landkreis ­Cloppenburg". Singen sei „ein wesentlicher Teil des Mensch-Seins und die ­e­lementarste Art des Musizierens", sagt Geschäfts­führerin ­Beate Stanko. Die Dozentin für Gesang und Stimmbildung an den Universitäten Oldenburg und Vechta findet das gemeinsame ­Singen mit ­Kindern wichtig, da es sowohl die soziale ­Kompetenz als auch die Kreativität fördert. „­Unsere Arbeit ist ein sinnstiftendes Element", betont die gelernte Gesangspädagogin, „denn ohne diese Projekte bliebe manchen Kindern die Welt des Musizierens verschlossen".

Im Vordergrund der Stiftungsarbeit steht die Förderung des Ehrenamtes.

Sinnstiftend ist auch die Arbeit des Caritas­-Vereins Altenoythe. Die Stiftung unterstützt Projekte zur Förderung von Menschen mit Einschränkungen, zum Beispiel durch Aus­stattung von Snoezelenräumen. Wasserbetten sowie spezielle Licht- und Klang­effekte sorgen hier für Entspannung und Geborgenheit. ­Geschäftsführer Andreas Wieborg hat als Sozial­pädagoge selbst lange mit ­Menschen mit Beeinträchtigungen gearbeitet. „Es ist schön, nun von Stiftungsseite unterstützen zu ­können." Etwa 20 bis 30 Förderanträge werden jährlich eingereicht. Doch welche Projekte werden umgesetzt? „Es ist jedes Mal eine Einzelfall­entscheidung", erklärt Wieborg. „Wir ­wählen die Projekte, die unserem Stiftungszweck ­entsprechen und unsere Förderung am meisten ­benötigen."

WICHTIG Kinder profitieren von Stiftungsprojekten wie dem gemeinsamen Singen.

Zukunft fördern – Menschen verbinden. Dieser Leitsatz steht seit ihrer Gründung 2007 für die Bürgerstiftung Vechta. Der Vorstands­vorsitzende Heinrich Wolking spricht ­daher gern vom „Familienunternehmen Vechta". Nur im Team mit seinem Vorstand und vielen ehren­amtlichen Helfern gelingen große ­Projekte wie der Vorlesetag, die Bürger­party oder der Bürger­brunch. Die Förderung des Ehren­amtes und junger Menschen steht dabei immer im Mittelpunkt. Froh ist Wolking darüber, „dass wir dank starker Netzwerke, getragen vom Team­gedanken, gerade jetzt in der Corona-Pandemie viele hilfreiche Projekte starten und unterstützen konnten". Sein Fazit umfasst einen Dank an alle Unterstützer: „Wer anderen Menschen hilft, bekommt immer etwas zurück."

Deutlich wird: Ob Erhalt von Denkmälern oder Förderung von Kindern, Menschen oder sogar ganzen Städten – die Stiftungen im ­Oldenburger Münsterland leisten einen erheblichen Beitrag zur Stärkung der Region. An den genannten Stiftungen zeigt sich, dass Interesse und Leidenschaft für ein Thema eine Menge bewirken können.

Stiftungsarbeit in Zahlen

Schon gewusst? Im ­Oldenburger Münsterland sind mehr als 80 ­Stiftungen angesiedelt. Auf die Landkreise bezogen, sieht die ­Verteilung wie folgt aus: Im Landkreis Vechta gibt es über 30 ­Stiftungen bei einer Einwohner­zahl von ca. 143.000. Der Landkreis Cloppenburg führt bei rund 172.000 Einwohnern mehr als 50 Stiftungen auf.

Übrigens: Das häufigste Motiv von Stiftungsgründern liegt im Bedürfnis, etwas zu bewegen und einen Teil zum gesellschaftlichen Leben beizutragen.

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