Agrar- und Ernährungswirtschaft

50 Jahre international aktiv

09.02.2023
Autorin: Brigitte Koscharre

Martinique, St. Lucia, Mauritius oder die Dominikanische Republik sind für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Vechtaer Firma nicht nur wunderschöne Urlaubsorte, sondern auch Absatzgebiete für ihre hochwertigen Substrate: Die zur Oldenburger Floragard-Unternehmensgruppe gehörige Plantaflor Humus-Verkaufs-GmbH exportiert ihre Produkte in mehr als 70 Länder der Welt.

Im Juni 2019 übernahm Ulrich von Glahn die Geschäftsführung der Plantaflor Humus Verkaufs-GmbH.

50-jähriges Jubiläum, erstmals die 20-Millionen-Euro-Umsatzgrenze überschritten, ein neuer Firmensitz, ein neu entwickelter Bio Langzeitdünger und dazu noch ein Relaunch der Plantaflor Plus Verpackung: 2022 war für das Vechtaer Unternehmen alles andere als langweilig.

Plantaflor übernimmt für die produzierenden Gesellschafterwerke, die sich zu einem großen Teil ebenfalls im Raum Vechta und Cloppenburg befinden, den Vertrieb. „Wir arbeiten weltweit mit Großhändlern bzw. Großabnehmern, die größtenteils ein eigenes Vertriebsnetz haben. Dadurch ist es möglich, die Organisation so schlank und kostengünstig wie möglich zu halten“, so Geschäftsführer Ulrich von Glahn über die Philosophie des Unternehmens. Der gebürtige Cappelner leitet seit 2019 unter anderem die Geschicke der Plantaflor. Seit Juni 2022 befindet sich jetzt der Firmensitz in der komplett renovierten historischen Stadtvilla im Herzen von Vechta. Alte Elemente wurden bei der Renovierung erhalten und geben in Kombination mit der modernen Inneneinrichtung ein sehr gelungenes Bild ab. Mit der neuen Büroeinrichtung, der optimalen Beleuchtung der Arbeitsplätze sowie den für digitale Meetings bestens ausgestatteten Besprechungsräumen inklusive Glasfaseranschluss ist Plantaflor für die Zukunft gut aufgestellt.

Ulrich von Glahn bei der Pflanzen-Begutachtung im unternehmenseigenen Gewächshaus.

Gegründet wurde die Firma Plantaflor 1972, nach dem Wunsch von zunächst 18 Torfwerken der Region, ihre Produkte durch eine Vertriebsgesellschaft vor Ort verkaufen zu lassen. Schnell bildete sich ein engagiertes, international denkendes Team, das zunächst nur reinen Torf, wenige Jahre später jedoch auch Substrate und Blumenerden in die ganze Welt verkaufte. Seit 1986 gehört Plantaflor der Floragard-Unternehmensgruppe an. Diese ähnlich funktionierende Gesellschaft vertritt zwar zum großen Teil dieselben Erdenwerke, wendet sich jedoch an andere Kundengruppen. Mit der Plantaflor Humus Verkaufs-GmbH und der Floragard Vertriebs-GmbH, ebenfalls unter der Leitung von Ulrich von Glahn, sowie zwei weiteren Vertriebsgesellschaften in Riga, Lettland, gehört die Floragard-Gruppe zu den Global Playern der Branche.

Die Bio-Hochbeet- und Gemüse-Erde in der neuen Plantaflor-Plus-Verpackung.

Das Sortiment umfasst Weißtorfprodukte, Blumenerden und Substrate für Gartenbaubetriebe aus norddeutschen und baltischen Erdenwerken. Neben dem arabischen Markt ist für Plantaflor besonders die Volksrepublik China im Vertriebsfokus. Der dort stark expandierende Produktionsgartenbau ist gleichermaßen auf termingerechte Anlieferung wie hohe Kultursicherheit angewiesen. Fachmessen, die jetzt wieder vermehrt stattfinden, wie beispielsweise die Fruit Logistica in Berlin oder die IPM in Essen, bieten die Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen und die Potenziale dieser Wirtschaftsräume wahrzunehmen und zu nutzen. Plantaflor überzeugt dabei mit Kompetenzen von der Produktion über die Logistik bis hin zum erfolgreichen Einsatz der Profisubstrate im Betrieb.

Die Vermarktung von Torf- und Erden-Fertigprodukten für den Produktionsgartenbau und Hobbybereich ist saisonal geprägt: Um Liefersicherheit und -flexibilität auch bei höchsten Saisonspitzen zu gewährleisten, ist die Optimierung der Lieferkette eine der zentralen Herausforderungen. Durchgängig IT-gestützte Prozesse sorgen für die Organisation der gesamten Transportkette sowie für Transparenz in den Arbeitsabläufen bei der Versand- und Werkelogistik.

Der neue Firmensitz von Plantaflor an der Münsterstraße 17 in Vechta.

Die Vermarktung von Torf- und Erden-Fertigprodukten für den Produktionsgartenbau und Hobbybereich ist saisonal geprägt: Um Liefersicherheit und Flexibilität auch bei höchsten Saisonspitzen zu gewährleisten, ist die Optimierung der Lieferkette eine der zentralen Herausforderungen. Durchgängig IT-gestützte Prozesse sorgen für die Organisation der gesamten Transportkette sowie für Transparenz in den Arbeitsabläufen bei der Versand- und Werkelogistik. Von Januar bis Mai werden rund 60 Prozent der Absätze getätigt. In dieser Zeitspanne gilt es, täglich bis zu 100 Lkw-, Container oder Waggonladungen zu verladen und zum Kunden zu bringen – eine große Herausforderung für Werke und Mitarbeiter, die jedes Jahr aufs Neue bewältigt werden muss.

Natürlich spielt auch Forschung eine wichtige Rolle im Arbeitsalltag: Die Unternehmensgruppe verfügt über ein modern eingerichtetes Zentrallabor mit angeschlossenem 600 Quadratmeter großen Versuchsgewächshaus. Eine intensive Zusammenarbeit mit externen Versuchsanstalten und universitären Einrichtungen rundet die umfangreiche Forschungstätigkeit ab. Alle Roh- und Zuschlagsstoffe, die zur Herstellung von Substraten und Erden benötigt werden, durchlaufen umfangreiche Anwendungstests. Viele neue Produkte und Rezepturveränderungen wurden in den letzten Jahren entwickelt. Wichtige Impulse erhält Plantaflor dabei auch von den Kunden: Ohne deren Anregungen könnten die Produkte nicht laufend den steigenden Anforderungen oder den veränderten Kultur- und Bewässerungssystemen angepasst werden und Innovationen entwickelt werden.

Basilikum, gewachsen im Bio-Kräutersubstrat mit GraNulium Schafwolldünger von Plantaflor und Surfinien-Balkonpflanzen, ebenfalls gezogen mit GraNulium (Fotos: Plantaflor).

So konnte mit graNulium, einem selbst entwickelten Bio-Langzeitdünger, ein großer Erfolg verzeichnet werden. Mit dem Einsatz dieses Düngers können Gieß- und Düngervorgänge im Betrieb erspart werden. graNulium ist ein rein organischer Langzeitdünger auf der Basis von Schafwollpellets. Er sorgt über acht bis zehn Wochen hinweg für eine extrem gleichmäßige N-Zufuhr. Die Pflanzen wachsen entsprechend ihres natürlichen
Rhythmus’ und präsentieren sich wesentlich robuster und gesünder als synthetisch gedüngte Pflanzen. Lebensdauer und die Qualität der Pflanzen werden sichtbar aufgewertet. Eine Weiterentwicklung für den Hobbygärtner ist bereits in Planung.

Mit zunehmender Kulturvielfalt und Spezialisierung sowie Technisierung der Gartenbaubetriebe wächst die Nachfrage an speziell angepassten Substratmischungen. Statt einer Standard-Blumenerde werden in den heutigen Erdenwerken Substrate nach speziellen Kundenwünschen produziert. So bietet die Unternehmensgruppe ihren Kunden bis zu 8.000 Rezepturen. Mit Zuschlagstoffen, wie z. B. Ton, Sand oder Perlite, werden die Eigenschaften der Mischung optimal den Ansprüchen der Pflanzen und Produktionsverfahren angepasst.

Renaturiertes Moor in Goldenstedt-Arkeburg.

Auch die Entwicklung von Torfersatzstoffen wird in der Unternehmensgruppe weiter vor angetrieben. So verfügt die Gruppe mittlerweile über eigene Kompostierungsanlagen für Grünschnittkompost und Rindenhumus, mehrere Holzfaseranlagen und baut aktuell in Eigenregie Miscanthus an. Die Entwicklung von torfreduzierten bis hin zu torffreien Substraten und Blumenerden ist nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa ein immer größer werdendes Thema. „Es ist wichtig, nach alternativen Ausgangsstoffen zu forschen. Dabei sind die zentralen Kriterien eine dauerhafte Verfügbarkeit, eine gleichbleibende Qualität und Eigenschaften, die den Kulturerfolg und damit auch im weiteren Schritt Arbeitsplätze sichern“, so Ulrich von Glahn.

Mit der neuen Plantaflor Plus Erdenlinie und ihrer modernen Gestaltung aus einem Guss und BIO-ausgerichteten Rezepturen aus nachwachsenden Rohstoffen ist Plantaflor gut aufgestellt. Im Zuge der Torfdiskussion kommt immer wieder die Frage auf, ob für die Torfgewinnung lebendige Moore zerstört werden. Intakte Moore stehen unter strengem Naturschutz und werden in Deutschland schon seit den 1980er-Jahren nicht mehr entwässert oder zum Torfabbau genutzt. Hierfür stehen ausnahmslos die Flächen zur Verfügung, die vor mehr als 50 Jahren im Rahmen von Siedlungsprogrammen trockengelegt und landwirtschaftlich in Form von Viehweiden oder Ackerflächen vorgenutzt wurden. Abbaugenehmigungen werden auch bei diesen trockengelegten Arealen erst nach sorgfältiger Prüfung durch die Behörden erteilt.

Diese Prüfungen unterstützt Plantaflor zusammen mit den angeschlossenen Erdenwerken uneingeschränkt und engagiert sich darüber hinaus für die Maßnahmen rund um die sogenannte Renaturierung der abgebauten Torflagerstätten. Nach Ende des Abbaus werden die Torflagerflächen nämlich nicht brach liegengelassen, sondern im Rahmen des Niedersächsischen Moorschutzprogramms wiedervernässt. Ziel ist eine Renaturierung der Flächen, die ihre ursprüngliche Vegetation zurückerhalten und sich wieder zu Mooren entwickeln können. Der Erfolg dieses verantwortungsvollen Vorgehens spiegelt sich auch in der Tatsache wider, dass renaturierte ehemalige Torflagerstätten der Werke von Plantaflor bereits zu Naturschutzgebieten erklärt wurden.

Nach Ende des Torfabbaus werden die Flächen nicht brach liegengelassen, sondern im Rahmen des Moorschutzprogramms wiedervernässt. Ziel ist eine Renaturierung der Flächen, die ihre ursprüngliche Vegetation zurückerhalten und sich wieder zu Mooren entwickeln.

Im Zuge der Wiedervernässung wird als Stauschicht eine Torfschicht von in der Regel 50 cm Mächtigkeit auf der Fläche gelassen. Die Entwässerungsgräben werden geschlossen. Die bereits wiedervernässten Flächen wachsen und werden laufend überwacht und gepflegt, sodass sich wieder moortypische Flora und Fauna ansiedeln können. Sphagnum, Wollgräser und andere hochmoortypische Pflanzen verdrängen die Birken, und schützenswerte Tiere finden schnell eine neue Heimat, die sie vorher auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen nicht zwangsläufig hatten.

In Niedersachsen sind bis heute auf diese Weise 15.000 Hektar an wiedervernässten, schützenswerten Flächen entstanden; bis 2040 werden es 27.500 Hektar sein. Die Erfolge rund um die renaturierten Abbauflächen können beispielsweise im Goldenstedter Haus im Moor (Naturschutz- und Informationszentrum NIZ) erfahren werden. Der pflichtbewusste Umgang mit den bestehenden Abbauflächen und ein bewusster Einsatz mit den eigenen Rohstoffen sind Teil einer ganzheitlichen Zukunftsstrategie.